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Im Frühling der Weißstörche

Der Bestand des Weißstorches (Ciconia ciconia) hatte in den 1980er Jahren deutschlandweit durch die Intensivierung der Landwirtschaft, das masenhafte Ausbringen von Pestiziden, das Trockenlegen von Feuchtgebieten und die Umwandlung von Wiesen und Brachland in Felder einen Tiefpunkt erreicht. Auch im Raum Groß-Gerau verschwand der Storch, wie z.B. im hiesigen Wallerststädten, vollkommen. Einzelne bebrütete Storchennester auf Bäumen, Gebäuden und Strommasten bildeten lediglich die Ausnahme.

Seit Mitte der 1980er Jahre ist der Bestand an Weißstörchen jedoch wieder auch dank des Zuzugs von Störchen aus Regionen mit besseren Lebensbedingungen und höherem Bruterfolg stark angestiegen. Da der Weißstorch offene und halboffene Landschaften, feuchte und wasserreiche Gegenden wie Grünlandniederungen mit periodischen Überschwemmungen bevorzugt, hat er  im Raum Groß-Gerau ideale Lebensbedingungen gefunden. So nistet er schon seit Jahren regelmäßig in einem Feuchtwiesengebiet am Landgraben bei Berkach und hat auf einer Reihe hoher Pappeln eine mittlerweile recht ansehnliche Storchenkolonie gebildet.

Der Weißstorch ernährt sich von Kleintieren wie Regenwürmern, Insekten, Mäusen, Fischen, Fröschen und sonstigen Amphibien. Glegentlich frißt er auch die Eier und Nestlinge anderer, bodenbrütender Vogelarten. Somit ist er kein ausgesprochener Nahrungsspezialist, sondern vertilgt das, was häufig genug vorhanden ist.

Auf seiner Futtersuche schreitet er die Wiesen und das Sumpfland in ruhigen, wiegenden Schritten ab, um dann blitzschnell mit dem Schnabel auf seine Beute herabzustoßen und sie zu packen.

Auf ähnliche Art und Weise sammelt er Zweige und getroknete Pflanzenreste, die er dann als Nistmaterial zu seinem Horst bringt, um diesen auszubessern und auszupolstern, oder um mit seinem Partner, bzw. seiner Partnerin, den Bau eines neuen Nestes zu beginnen.

Geklappert wird dort sowohl zur Begrüßung des ankommenden Partners, als auch zur Verteidigung gegen unliebsame Eindringlinge und lästige Nestkonkurrenten. Auch das Balzritual geht mit ausgiebigem gemeinsamen Schnabelklappern einher.

Die Brutzeit, in der beide Vögel abwechselnd brüten, dauert 30 bis 32 Tage und erstreckt sich von Anfang April bis Anfang August. Geswöhnlich werden dabei 3-4 Jungstörche ausgebrütet.

Nicht bei jedermann ist die derzeitige starke Vermehrung der Weißstörche gern gesehen. So beklagen Jäger und Naturschützer  gleichermaßen den angeblich großen Schaden, den Störche unter Bodenbrüterjungen und neugeborenen Feldhasen anrichteten . Auch unter den Bauern herrscht ein gewisser Unmut, wenn manchmal 50 und gar noch mehr Störche hinter Pflügen und Erntemaschinen einherlaufen und dabei den Böden nahezu sämtliche Regenwürmer entreißen.

Wie dem auch sei – mag die mehr als gelungene Wiederansiedlung des Weißstorches auch nicht völlig frei von Problemen sein –  so ist und bleibt der Anblick einer lebendig pulsierenden Storchenkolonie – gerade im Frühling – dennoch der Grund einer wahren Freude für Auge und  Herz eines jeden Naturliebhabers.


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