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Meine hütten im yukon – teil v

BEAVER CABIN

Wieder einmal durfte ich einen Wildnis-Urlaub im Yukon erleben, diesmal zusammen mit zwei Anglerkollegen. Wir wohnten währen dieser Tage im Beaver Cabin am Dezadeash Lake, von wo aus wir auch zu unseren Unternehmungen starteten.

Kathleen River

Erneut standen wir im geliebten Kathleen-River, dessen klare, flaschengrüne Fluten uns auch dieses Mal wieder mit großen, lila-blau gefärbten Polaräschen, kämpferischen Regenbogenforellen und den so schön gezeichneten und noch viel kampfstärkeren Namaycush-Saiblingen reichlich beschenkte.

Und doch, so schön und befriediegend die Fischerei im Kathleen River auch war, so sehr uns auch die umgebende Landschaft dort bezauberte, es zog mich dennoch zu anderen, viel weiteren Horizonten und Gestaden.

Dry Bay – Alaska

Lachsfang in Alaska hieß das geplante, neue Abenteuer. Auf Silberlachse in der Dry Bay, dem Mündungsgebiet des Alsek Rivers, sollte es gehen, dorthin, wo die Fische, aus dem Pazifischen Ozean kommend, zum Ablaichen in den Fluß aufsteigen. Unser zweimotoriges Flugzeug startete von dem kleinen Airport in der Nähe von Haines Junction und flog über mosaikartig verstreute Wälder, Sümpfe und Moore hinweg, immer dem Lauf des Alsek Rivers folgend, nach Westen.

In etwa dreitausend Metern Flughöhe überquerten wir dabei zunächst das größte zusammenhängende Eis- und Gletschergebiet der Erde, das sich außerhalb der beiden Pole befindet, nämlich die Gipfel und Gletscher der St. Elias Mountains. Bei idealem Flug- und Sichtwetter genossen wir staunend den Anblick jener gigantischen Berg-, Schnee- und Eiswelt. Majestätisch erbob sich der Mount Logan mit seinen knapp 6000 m Höhe als der höchste Berg Kanadas über die anderen zahllosen, weiß behelmten Gipfel, von denen die wenigsten einen eigenen Namen tragen, sowie über die zahlreichen endlosen Gletscher, an deren Spitze der Lowell-Gletscher mit seinen siebenundfünfzig Kilometern Länge und all die Schmelzwasserseen und unvorstellbar verwirrend mäandernden Flussläufe.

Nach etwa vierzig minütigem Flug lenkte Eric, unser Pilot, die Maschine aus dem schmalen Korridor der Coast Mountains heraus und steuerte sie über das bewaldete Küstenvorland auf den schmalen, im Wald sichtbaren Streifen der Landespiste zu. In der Ferne konnte man die Mündung des Flusses sowie auch das Meer bereits sehen oder zumindest erahnen.

Nach sicherer Landung begrüßte uns Pat, der während der Angelsaison in der Dry Bay als Guide stationiert ist, und brachte uns mit seinem Fourwheeler samt Anhänger in einer holprigen, gut dreiviertelstündigen Fahrt über den harten Strandboden hin zur eigentlichen Flussmündung. Unterwegs kreuzten oftmals Wolf- und Grizzlyspuren unseren Weg.

Über alle Maßen staunend, betrachtete ich die Landschaft um mich herum, die schier endlosen, schneebedeckten Ketten der Berggipfel, die sich am Horizont entlang dahinzogen. Das nahe Rauschen der Pazifikbrandung war bereits deutlich zu hören und bildete die akustische Kulisse dazu.. Die Luft war so klar, dass wir den von Admiral Wrangell am Namenstag des Heiligen Elias entdeckten und deshalb auch als Mount St. Elias benannten Berg links am Horizont in etwa einhundert Kilometern Entfernung ebenso klar erkennen konnten, wie den Mount Fairweather hier am Ende der gegenüberligenden Bergkette. Pat, der sich als Guide hier jalänger aufhielt, wies darauf hin, dass diese Sicht nur an ganz wenigen Tagen im Jahr gegeben war. Was für ein Glück wir doch hatten!

Am Ufer des Alsek-Flusses, einige hundert Meter unterhalb seiner Mündung ins Meer, wurde das Brausen des nahen Ozeans immer stärker. Hier begannen wir mit dem Fischen. Durch nur knietiefes, glasklares Wasser watete ich hin zu einer Abbruchkante im Fluss, deren dunkelgrün schimmerndes Wasser den Anfang einer tiefen Rinne erkennen ließ. Sofort begann meine Fliegenschnur mit der großen, grün-gelben Maraboufliege am Ende eines Sink-Vorfachs ihre Bahnen durch die Luft zu ziehen. Nachdem das flauschige Gebilde etwa in der Mitte der Flussrinne aufgesetzt hatte und dann abgesunken war, holte ich es in kurzen, scharfen Rucken wieder ein. Schon beim zweiten Wurf gab es den ersehnten mächtigen Ruck in der Leine. Mein erster Lachs war am Haken. Hoch erfreut und vor Aufregung ängstlich zitternd zugleich harrte ich nun der Dinge, die da kommen sollten. Wie froh war ich jetzt, dass ich für heute die starke 10er Rute ausgewählt hatte, die sich sogleich zu einem ehrfurchtsvollen Halbkreis durchgebog. Mein zunächst noch unsichtbarer Kontrahent wendte sich zuerst zu einem weiten Bogen flussaufwärts, ohne dass ich dem gewaltigen Zug, den er dabei entwickelte, auch nur das Geringste entgegensetzen konnte. Aus Angst vor einem eventuellen Schnurbruch und dem damit verbundenen Verlust des Fisches hatte ich die Rollenbremse relativ weich eingestellt und hemmte den Schnurabzug nur sachte mit der linken Hand. Viel Druck konnte ich so aber nicht ausüben. Meinen ersten energischeren Versuch, ihn zum Anhalten oder gar Beidrehen zu zwingen, quittierte der Lachs sofort mit einem gewaltigen Sprung, wobei sein ganzer Körper gischtspritzend aus dem Wasser schneltle, um dann, sich rückwärts überschlagend, mit lautem Klatschen wieder in die Fluten einzutauchen. Hierbei sah ich ihn zum ersten Mal, seinen mächtigen, silbernen Leib die starken graublauen Rückenflossen, die fast rosaroten am Bauch und das große, breitgefächerte Schwanzruder. Obwohl der Hakenkontakt zu ihm fest und solide blieb, sank mir angesichts solch elementarer Explosionskraft doch der Mut und die Hoffnung, diesen gewaltigen Fisch jemals als Beute landen zu können. Wie sollte ich solche Urgewalt bloß bändigen und diesen für mich noch nie da gewesenen Drill zu einem erfolgreichen Abschluss bringen?! Jeder Sprung, jede Flucht, jede Drehung des Gehakten verstärkte in mir die Furcht, er könne sich vom Haken befreien oder das Vorfach könnte reißen oder er würde sonst irgendwie verloren gehen. Aber das Material hielt und mit ihm auchmeine Nerven. Langsam wuchs in mir die Zuversicht, diesen grandiosen Kämpfer doch noch besiegen zu können, zumal seine Sprünge seltener und seine Kreise um mich herum enger wurden. Aber jedes Mal, wenn ich schon glaubte, ihn endgültig zur Aufgabe zwingen zu können, schoß er doch immer wieder mit unbändiger Kraft davon. Längst hatte ich einen der Fischerkollegen um Hilfe und Beistand herbeigerufen. Bei einem erneuten Landungsmanöver bekam dieser auch glücklicherweise das Vorfach zu fassen. Für einen kurzen Augenblick erschien der Kopf des Lachses über der Wasseroberfläche. Er erhielt eine schnellen betäubenden Schlag, und es gelang mir, mit der linken Hand unter die großen perlmuttfarbenen Kiemendeckel zu greifen und ihn so dem Wasser zu entreißen. Dann gehörte dieser Prachtfich wirklich und tatsächlich mir!

Der lange Weg, den ich mit meiner Beute zurück an Land zu waten hatte, gab mir reichlich Gelegenheit, dabei noch einmal in Gedanken den aufregenden Drill und den schließlich geglückten Fang zu durchleben. Natürlich hatte ich ihn töten müssen, um ihn ganz sicher zu haben, denn um nichts in der Welt hätte ich ihn wieder hergeben können. Bei Pat angekommen, wurde er zuerst einmal fotografiert, vermessen und versorgt. Bei genau gemessenen 79 cm Länge und einem vom Guide fachmännisch geschätzten Gewicht von 12 Pfund war er zwar nicht der Rekordfisch dieses Jahres – der lag bei 83 cm und 15 Pfund – aber es war mein Fisch! Und er war wunderbar und schön, so wie ich ihn mir erträumt hatte: ein männlicher Lachs und im Vollbesitz seiner Kraft. Immer wieder glitt mein Blick bewundernd über seinen silberglänzenden, kraftvollen Leib.

Eines war mir dabei sofortklar : einen zweiten Lachs würde ich an diesem Tag nicht mehr fangen, obwohl die erworbene Lizenz mir die Mitnahme von noch drei weiteren Silberlachsen gestattet hätte. Ich hatte an diesem Traumfisch, der da in all seiner Schönheit zu meinen Füßen lag, vollauf genug! Ich packte zusammen und widmete mich fortan dem Beobachten meiner noch angelnden Fischerfreunde und dem Fotografieren der Landschaft.

Was wir alle am Ende aber auch noch sehen wollten, war das Meer, die hereindonnernde Brandung des Pazifischen Ozeans. Nachdem wir die Alsek–Mündung erreicht hatten, wurden wir noch einmal beschenkt, denn eine ganze Robbenherde war dort in der Dünung ebenfalls auf Lachsfang aus. Als unser Pilot uns zu Rückfahrt und Rückflug mahnte, nahmen wir bei schon leicht untergehender Sonne Abschied vom Meer und von diesem einmaligen, unvergesslichen und unvergleichlichen Angeltag. 


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